Nachbarrecht in Hessen

Immer wieder bekommen wir die Fragen, nach den nachbarschaftlichen Regelungen. Diese sind im Hessischen Nachbarrecht geregelt. Dieses sagt folgendes aus:

 

 

GRUNDSTÜCKSGRENZE (EINFRIEDUNG)

Nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz ist der Eigentümer eines bebauten oder gewerblich genutzten Grundstücks auf Verlangen des Eigentümers des Nachbargrundstücks verpflichtet, sein Grundstück einzufrieden, soweit die Grenze zum Nachbargrundstück nicht mit einem Gebäude besetzt ist. Sind beide Grundstücke bebaut oder gewerblich genutzt, sind die Eigentümer beider Grundstücke gegenseitig verpflichtet, bei der Errichtung der Einfriedung mitzuwirken.

 

Einfriedung

Die Einfriedung besteht aus einem ortsüblichen Zaun; lässt sich Ortsüblichkeit nicht feststellen, besteht sie aus einem 1,20 m hohen Zaun aus verzinktem Maschendraht. Die Nachbarn können aber jede andere Art der Einfriedung vereinbaren, zum Beispiel Mauer, Holzzaun, Hecke oder Maschendraht in anderer Höhe als 1,20 m (§ 45 HNRG). Schreibt allerdings eine öffentlich-rechtliche Norm, etwa die Satzung einer Gemeinde, eine bestimmte Einfriedungsart vor, so tritt diese an die Stelle des Zaunes oder der sonstigen unter den Nachbarn vereinbarten Einfriedung. Sie sollten sich also bei der Gemeinde oder Stadtverwaltung erkundigen, ob eine Einfriedungssatzung besteht, was gerade in neueren Siedlungen nicht selten der Fall ist.

 

Kosten?

Die Kosten der Einfriedung, sowohl ihrer Errichtung als auch ihrer Unterhaltung, tragen in der Regel die beiden Nachbarn zu gleichen Teilen. Wird das an ein bereits eingefriedetes Grundstück angrenzende Grundstück erst später bebaut, so ist der Eigentümer des angrenzenden Grundstücks zur Zahlung der halben Errichtungskosten unter angemessener Berücksichtigung der bisherigen Abnutzung verpflichtet (§ 17 Abs. 2 HNRG). Abweichende Regelungen gelten für die Einfriedungen zwischen Grundstücken und den an sie angrenzenden öffentlichen Straßen oder öffentlichen Grünflächen.

 

 

FRÜCHTE UND ZWEIGE AUS NACHBARS GARTEN

Überhang

Ein Grundstückseigentümer darf die vom Nachbargrundstück auf sein Grundstück herüberhängenden Zweige, sofern diese die Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigen, abschneiden und behalten(§ 910 BGB), freilich ohne das Nachbargrundstück dabei betreten zu dürfen. Voraussetzung ist allerdings, dass er dem Nachbarn zuvor eine angemessene Frist gesetzt hat, die Zweige selbst zu beseitigen, und der Nachbar dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist. Abschneiden und behalten darf der Grundstückseigentümer ferner die vom Nachbargrundstück eingedrungenen Wurzeln eines Baumes oder Strauches, wenn diese die Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigen.

Im Gegensatz zum Anspruch auf Beseitigung von Pflanzen, die nicht den vorgeschriebenen Grenzabstand einhalten, unterliegt das Selbsthilferecht nach § 910 BGB nicht der Verjährung.

 

Überhängende Früchte

Früchte, die an einem vom Nachbargrundstück herüberragenden Zweig hängen, gehören dem Eigentümer des auf dem Nachbargrundstück stehenden Baumes oder Strauches. Der Eigentümer des Grundstücks, auf das der Zweig herüberragt, darf also diese Früchte nicht ernten, auch nicht abschütteln. Er darf solche Früchte nur aufheben und behalten, wenn sie von selbst auf sein Grundstück abgefallen sind (§ 911 BGB).

 

 

GRENZABSTÄNDE ZUR BEPFLANZUNG

Sehr häufig stellt sich unter Grundstücksnachbarn die Frage nach dem Abstand, den Bäume, Sträucher und Hecken von der Grundstücksgrenze einhalten müssen.

 

Bäume, Sträucher und lebende Hecken

Für Bäume und Sträucher schreibt das Hessische Nachbarrechtsgesetz (§ 38) vor, dass der Eigentümer beim Anpflanzen auf seinem Grundstück die in der nebenstehenden Tabelle wiedergegebenen Abstände einzuhalten hat. Bei anderen, in dieser Gesetzesvorschrift

nicht namentlich genannten Bäumen und Sträuchern muss jeweils im Einzelfall, unter Umständen durch Hinzuziehung einer gartenbaulichen Fachkraft, entschieden werden, welcher der verschiedenen Gruppen diese Pflanze ihrem Wuchs nach vergleichbar und daher zuzuordnen ist.

 

1. Allee- und Parkbäume

a) sehr stark wachsende Allee- und Parkbäume, insbesondere der Eschenahorn (Acer negundo), sämtliche Lindenarten (Tilia), die Platane (Platanus acerifolia), die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), die Rotbuche (Fagus sylvatica), die Stieleiche (Quercus robur), ferner die Atlas- und Libanon-Zeder (Cedrus atlantica und Iibani), die Douglasfichte (Pseudotsuga taxifolia), die Eibe (Taxus baccata), die österreichische Schwarzkiefer (Pinus nigra austriaca)

Grenzabstand: 4 m

b) stark wachsende Allee- und Parkbäume, insbesondere die Mehlbeere (Sorbus intermedia), die Weißbirke (Betula pendula), die Weißerle (Alnus incana), ferner die Fichte oder Rottanne (Picea abies), die gemeine Kiefer oder Föhre (Pinus sylvestris), der abendländischen Lebensbaum (Thuja occidentalis)

Grenzabstand 2 m

c) alle übrigen Allee- und Parkbäume

Grenzabstand 1,5 m

 

2. Obstbäume

a) Walnusssämlingsbäume

Grenzabstad 4 m

b) Kernobstbäume, soweit sie auf stark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie Süsskirschenbäume und veredelte Walnussbäume

Grenzabstand 2 m

c) Kernobstbäume, soweit sie auf schwach wachsender Unterlage veredelt sind, sowie Steinobstbäume, ausgenommen die Süsskirschenbäume

Grenzabstand 1,5m

 

3.Ziersträucher

a) stark wachsende Ziersträucher, insbesondere die Alpenrose (Rhododendron-Hybriden), der Feldahorn (Acer campestre), der Feuerdorn (Pyracantha coccinea), der Flieder (Syringa vulgaris),

das Goldglöckchen (Forsythia intermedia), die rotblättrige Haselnuss (Corylus avellana v. fuscorubra), die stark wachsenden Pfeifensträucher – falscher Jasmin – (Philadelphus coronarius, satsumanus, zeyheri u.a.), ferner der Wacholder (Juniperus communis)

Grenzabstand 1 m 

b) alle übrigen Ziersträucher

Grenzabstand 0,5 m 

 

4. Beerenobststräucher

a) Brombeersträucher Grenzabstand 1 m

b) alle übrigen Beerenobststräucher Grenzabstand 0,5 m

 

5. einzelne Rebstöcke Grenzabstand 0,5 m

 

Beim Anpflanzen lebender Hecken sind von den Nachbargrundstücken folgende Abstände einzuhalten (§ 39 HNRG):

  1. Hecken über 2 m Höhe Grenzabstand 0,75 m,
  2. Hecken bis zu 2 m Höhe Grenzabstand 0,50 m,
  3. mit Hecken bis zu 1,20 m Höhe Grenzabstand 0,25 m.

 

Gegenüber Grundstücken, die dem Weinbau, der Landwirtschaft, dem Erwerbs- oder Kleingartenbau dienen, müssen die doppelten der nach §§38 und 39 HNRG vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden.

Für die Berechnung des Abstandes maßgebend ist die Mitte des Baumes oder Strauches an der Stelle, an der diese aus der Erde treten. Sind mehrere Stämme, Zweige oder Triebe vorhanden, ist derjenige maßgebend, der der Grenze am nächsten steht. Gemessen wird die kürzeste Entfernung zur Grenze; ist das Gelände ansteigend oder abfallend, wird nicht entlang der Erdoberfläche, sondern in der Horizontalen gemessen. Wurden bei Anpflanzungen nicht die vorgeschriebenen Abstände eingehalten, kann der Nachbar auf Beseitigung klagen. Dies gilt auch für wild gewachsene Pflanzen. Hinsichtlich lebender Hecken kann statt völliger Beseitigung auch deren Zurückschneiden verlangt werden, wobei die Verjährungsfrist jeweils neu zu laufen beginnt, sobald eine Hecke die oben angegebenen Höhen überschreitet.

Die genannten Ansprüche unterliegen allerdings der Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Die Frist beträgt nach der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung des § 195 BGB nur noch drei Jahre. Die Einzelheiten der Fristberechnung sind in § 199 BGB geregelt.

Nach Ablauf von 3 Jahren ist die Geltendmachung der Ansprüche überdies auch aufgrund der Ausschlussfrist in § 43 des Hessischen Nachrechtsgesetzes nicht mehr möglich.

 

GRENZBAUM, GRENZSTRAUCH

Grenzbaum ist der auf der Grenze zwischen Grundstücken stehende Baum, wobei es maßgeblich auf den Stamm an der Stelle ankommt, an der dieser aus der Erde austritt. Gleichgültig ist dabei, ob die Grenze mitten oder seitlich durch den Stamm verläuft.

Dasselbe gilt für den Grenzstrauch. Die Früchte eines Grenzbaumes oder Grenzstrauches gehören den Nachbarn zu gleichen Teilen (§ 923 Abs. 1 BGB). Jeder Nachbar hat darüber hinaus jederzeit das Recht, die Beseitigung des Grenzbaumes oder -strauches zu verlangen (§ 923 Abs. 2 BGB).

Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn gleichmäßig zur Last, und ebenso gehört das Holz des beseitigten Baumes oder Strauches den Nachbarn zu gleichen Teilen. Jedoch hat der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Grenzbaum oder -strauch verzichtet; er erwirbt dann das Alleineigentum an dem gefällten Baum oder Strauch.

 

Wenn Sie diese Grundsätze beherzigen, sind wir sicher, dass einer guten Nachbarschaft nichts im Wege steht.